Seitei Iaido

Seitei Iaido ist eine moderne Entwicklung des japanischen Schwerttrainings mit genau festgelegten Übungsformen (Kata).

Diese Schwertübungen sind sehr kurz, es gibt sie mit einem, zwei, drei oder vier Gegnern. Bei allen kommt es auf das innerlich vorgestellte Timing an. Der Bedrohung wird entgegengetreten und dann dem Angriff des anderen zuvorgekommen. Oder es wird erst ausgewichen oder ein Angriff abgewehrt und dann selbst angegriffen.

Ausgangspunkt der Schwertübung ist die Vorstellung, daß wir einem anderen gegenübersitzen oder stehen. Dieser andere greift zu seinem Schwert und bedroht uns, wir müssen uns verteidigen. Der Geist des Iaido fördert nicht die Aggressivität, sondern Wachheit und Vorstellungskraft. Jede Handlung entsteht aus innerer Ruhe und Zentriertheit heraus und endet auch wieder damit.

Das äußere Üben:

Es kommt darauf an, das Schwert so genau zu bewegen, daß es einem realen Kampf entspricht. Die Körperhaltung ist aufrecht und zentriert und strahlt Ruhe aus. Alle Bewegungen sind ruhig bis langsam, aber gezielt. Die Schnitte sind schnell. Die Augen sind immer auf den Gegner gerichtet (metsuke). Schwert und Schwertscheide bilden mit linker und rechter Hand öffnende und zentrierende Kampfbewegungen.

Ablauf einer Kata:

Nach einer Phase der ruhigen Zentriertheit greift man zum Schwert und signalisiert damit Kampfbereitschaft. Dann zieht man das Schwert auf den Gegner hin und bedroht ihn, läßt ihm aber auch die Chance, seine Bedrohung zurückzunehmen. Es folgt ein schneller und sehr präziser Schnitt, manchmal auch ein zweiter, dann der Übergang in eine energetische Beobachtungshaltung, aus der heraus das Schwert wieder in die Scheide zurückgeführt wird.

Ein großer Unterschied vom Iaido zum kriegerischen Schwertkampf ist, daß man in „Zivilkleidung“ ist, Kimono oder Gi und Hakama. Das Schwert steckt in seiner Scheide im Gürtel (Obi). Es wird nur und erst gezogen, wenn eine Bedrohung erkannt ist und direkt der entscheidende Schnitt erfolgt. Meist ist das Schwert also verborgen in seiner Scheide. Diese Verborgenheit und die sparsamen, sehr konzentrierten Bewegungen bewirken, daß umso mehr im Inneren passiert.

Das innere Üben:

Das wichtigste ist die innere Ruhe und Gelassenheit. Ein genaues Gefühl für die Bewegung des eigenen Körpers wird entwickelt, für die Stellung der Füße, die Bewegung der Hände. Auch das Schwert, das ja kein Bestandteil des eigenen Körpers ist, wird in dieses Gewahrsein mit einbezogen, so daß eine Einheit entsteht. Dann ist eine genaue Vorstellung nötig, wo der Gegner sich befindet und wie er sich verhält. So kontrolliert man mit dem eigenen Schwert den imaginären Gegner.

Die Entwicklung einer besonderen Energie, des Ki gehört zur fortgeschrittenen Stufe des Iaido. Durch die Langsamkeit vieler Bewegungen und die hohe Dynamik zum Schneiden ist Seitei Iaido hervorragend zur Entwicklung dieser inneren Energie geeignet.

Eine Besonderheit beim Iaido ist natürlich das Schwert.

Das japanische Schwert ist ein Zweihänder mit gebogener Klinge, eine Ausführung, die es in Europa nicht gab.

In sehr vielen Iaido-Schulen ist vorgeschrieben, daß das erste Jahr hindurch mit dem Bokuto geübt wird, dem Holzschwert. Nicht so bei uns im Busshin-Dojo. Ein Großteil der Feinheiten im Bewegungsablauf lassen sich mit dem Holzschwert nicht ausführen, daher wird bei uns von Anfang an ein richtiges Schwert benutzt.

Das „richtige Schwert“ gibt es in verschiedenen Ausführungen aus Metall. Völlig ungeeignet sind rostfreie Edelstahlschwerter. Sie sind bestenfalls als „wallhanger“ verwendbar, als Dekoschwert an die Wand zu hängen. Zum Üben sind sie zu schwer. Eine Spezialität der Japaner ist das Iaito, das Übungsschwert aus einer leichten Zink-Aluminium-Legierung. Es gilt in Deutschland als Sportgerät und nicht als Waffe und kann daher von jedem überallhin mitgenommen werden. Iaitos werden in verschiedenen Längen hergestellt, denn die Länge des Schwertes sollte der Größe des Übenden angepaßt sein. Außerdem hat es meist eine eingefräste Rinne (Bohi), die der Gewichtsreduzierung dient und einen Ton erzeugt. Damit kann man hören, ob das Schwert im richtigen Winkel geführt wird.

Gute Iaitos gibt es in sehr leichter Ausführung mit dem Gewicht von wenigen Tafeln Schokolade, ab 600 g. So haben auch Menschen mit geringer Muskelkraft die Möglichkeit, lange Übungszeiten mitzumachen. Die Obergrenze ist bei ca 1000 Gramm. Da man Länge, Gewicht, Rinne, Griffwicklung und Grifflänge sowie die Beschläge (Handschutz etc.) in vielen Ausführungen wählen kann, ist auch die Preisspanne groß. Zwischen 400 und 1300 Euro kann man ausgeben. Dabei spielt die Ausführung der Schwertscheide (Saya) noch eine besondere Rolle. Eine einfache und schlicht lackierte Saya ist ohne Aufpreis zu haben, man kann aber die edelsten Lackierungen und Verzierungenauswählen und damit seinen eigenen Stil zeigen.

Günstiger geht es beim Kauf eines echten Schwertes zu. Das ist zwar aus Japan sehr teuer, da kann man schnell über 10000 Euro loswerden. Aber in China werden heutzutage gute Schwerter in japanischer Form hergestellt. Echte Schwerter, Katana oder Shinken genannt, sind aus nicht rostfreiem Kohlenstoffstahl und können dadurch sehr gut geschärft werden, man kann sie aber auch stumpf erwerben. Für 100 Euro gibt es da schon eine wirklich interessante Auswahl!

Zur Praxis:

Heute besteht das Seitei Iaido aus vier im Knien und acht im Gehen durchgeführten Übungen. Damit ist es sehr gut auch für Menschen geeignet, die Knieprobleme haben oder nicht so beweglich sind, denn auch die sitzenden Formen lassen sich leicht in stehende umwandeln. Vom zehnjährigen Kind bis zum 80 jährigen Pensionär ist es für jeden Menschen möglich, für Frauen ebenso wie für Männer. Und es ist ungefährlich, weil es kein Partnertraining gibt, und streßfrei, weil wir ohne Wettkämpfe und Prüfungen auskommen.

Zur Geschichte:

Nach der Niederlage der Japaner im Zweiten Weltkrieg wurden von den Siegermächten alle Kampfstilrichtungen verboten. 1952 wurde das Verbot aufgehoben und ein Verband für den Schwertkampf gegründet, der alljapanische Kendo-Verband. Das Training fand - wie heute auch im Kendo - mit leichter Rüstung und dem Shinai als Waffe statt. Das Shinai wurde 1760 entwickelt. Es besteht aus langen Bambusstreifen, die mit Leder verbunden sind und ermöglicht es, den Gegner im Zweikampf richtig anzugreifen und zuzuschlagen, ohne daß eine ernsthafte Verletzungsgefahr besteht. Aber es ist gerade und rund und hat damit weder von der Form her noch vom Gewicht einen Bezug zu einem richtigen Schwert. Damit ist es ein Ersatz für das Bokuto, das Schwert aus Eichenholz, mit dem man durchaus tödliche Schläge ausführen kann und das in Japan in alter Zeit auch im Krieg verwendet wurde.

Nach einigen Jahren wurde jedoch deutlich, daß Kendo keine Fortführung des japanischen Schwertweges darstellte, sondern ein Sport war, bei dem Bedeutung und Benutzung des Schwertes unbekannt blieben. 1967 entwickelten daher die japanischen Kendo- und Iaido-Meister der alten Schwertschulen Muso Shinden Ryu, Muso Jikiden Eishin Ryu und des Hoki Ryu sieben Schwertformen (Kata) für die Kendoka. Sie sollten dazu dienen, daß Kendo-Übende auch den Umgang mit einem Metallschwert lernen. Weiterhin bildeten sie die Grundlage für ein allgemeines Prüfungssystem.

Nach einem Jahrzehnt zeigte sich, daß diese Übungen nicht ausreichend waren, daher kamen zwei weitere dazu, diesmal unter Beteiligung der Tamiya Ryu Meister. 1980 kamen daher die Kata acht bis zehn dazu. im Jahr 2000 wurde die Serie noch einmal um zwei Formen erweitert, so daß heute zwölf Schwertkata das System des Seitei Iaido bilden. Dazu wurde die Anzahl der Prüfungen erhöht, es gibt derzeit sechs Schülerprüfungen (Kyu), die Meisterprüfungen (Dan) entsprechen denen der anderen Kampfsportarten.