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Der Ronin Kriegerweg

Ausgehend von der Serie des Peruaners Carlos Castaneda, dessen Bücher in den 70er Jahren des vergangenen
Jahrhunderts erschienen und dessen „Kriegerweg“ mich in den folgenden Jahrzehnten immer im Hintergrund meiner Lernerfahrungen begleitet und geleitet hat, möchte ich eine zeitgemäße und rationale Anleitung geben, die aus meiner Beschäftigung mit dem Thema entstanden ist.
Rational heißt für mich, auf den Bereich der Drogen zu verzichten, die in der ersten Bänden im Vordergrund zu stehen scheinen, und auf den ganzen Esoterikbereich, der vor allem in den späteren Bänden die Hauptrolle spielt. Es bleiben damit die ersten beiden Bände Castanedas teilweise und die beiden folgenden Bände hauptsächlich als Basis dieses
Weges bestehen.
Weshalb ist dieser „Kriegerweg“ interessant?
Wenn man sich als denkender und wahrnehmender Mensch umschaut, was in der Gesellschaft, der Politik, im Berufsleben und der Wirtschaft geschieht, kann man sich fragen, ob diese Menschen alle völlig durchgeknallt sind.
Die Antwort des Kriegers darauf ist: Ja, sie sind es. Es sind Phantome, Wesen, die weder wissen, was sie tun, noch ein Bewußtsein davon haben, was sie anrichten. Sie leben in kleinen Blasen, die ihre Welt darstellen, und nehmen nichts darüber hinaus wahr. Anders gesagt, sie können nicht über ihren Tellerrand schauen, sind aber mit dem Inhalt ihres Tellers völlig identifiziert, egal ob er aus Geldgier, Haß, Selbstverleugnung, Überheblichkeit oder sonst irgend
einem Irrweg besteht, der sich wie Spaghetti mit Tomatensoße ohne Parmesan auf ihrem Teller verknäult.
Ohne jeden Durchblick, aber dafür mit großem Sendungsbewußtsein – eine üble Mischung.
Wer also feststellt, daß er irgendwo aus dieser allgemeinen Rolle herausgefallen ist, der versucht als erstes, zu überprüfen, wer denn nun irre ist – er selbst oder die anderen. Dazu ist der erste Schritt, die eigene Festplatte zu formatieren – all die Urteile und Vorurteile, die Prägungen und sicheren Wahrheiten mal ganz beiseite zu legen und völlig unvoreingenommen wahrzunehmen, was ist.
Dieser erste Schritt kann z.B. durch die Zen-Meditation geschehen, in der geübt wird, alles loszulassen und die Wirklichkeit zu schauen – die natürlich auch subjektiv ist, aber dennoch echt. Denn schon der Buddha vor 2500 Jahren stand vor der Herausforderung, die gesellschaftlichen Prägungen über Bord werfen zu müssen, um Durchzubrechen zum realen Sein.
Der erste Schritt ist also, sich soweit von der Gesellschaft zu emanzipieren, daß man nicht mehr darauf angewiesen ist, ihre Zustimmung zu bekommen. Man akzeptiert, daß man andere Sichtweisen als üblich hat.
Wie kann man dann wissen, ob das richtig ist, was man selber denkt, fühlt und tut?
Erstens braucht man einen neuen Zugang zu sich selbst, zur eigenen Intuition, die einen leitet.
Zweitens muß man sich vorurteilsfrei überall informieren, wo es möglich ist.
Drittens kann man an den Ergebnissen des eigenen Handelns sehen, ob es funktioniert, wie man tickt.
Auf diesem Weg ist also das, was in der Gesellschaft wichtig ist – z.B. einen großen „Freundeskreis“ zu haben, völlig belanglos, weil es nicht hilft, den eigenen Weg zu finden.
Krieger halten sich eher fern und suchen sich genau aus, mit wem sie engere Kontakte knüpfen. Was nun gar nicht heißen soll, daß sie menschenscheu werden, nur, daß sie illusionsfrei unter den Menschen weilen.
Dazu ist allerdings wichtig, daß ein Krieger mit sich selbst klar kommt. Der Normalmensch holt seine Kraft am ehesten aus der Übereinstimmung mit anderen oder aus Besitz und Status. Wenn der Krieger dies als hohl durchschaut hat, muß er seinen eigenen Weg entwickeln, um Bestätigung zu finden und Kraft zu tanken.
Der erste Schritt ist der, sein eigenes Kriegersein zu akzeptieren und die Welt als ein Feld zu betrachten, daß dazu da ist, die eigenen Bedürfnisse und Entwicklungen zu fördern und alle Abenteuer zu liefern, die man sucht. Die eigenen Grenzen zu überschreiten, hinauszugehen in das Abenteuer „Leben“, das reicht als Kraftquelle.
Dabei hilft es auch, wenn man sich verdeutlicht, daß man ja gar nicht weiß, ob man am nächsten Tag noch lebt. Es gibt viele Menschen, die bereiten sich schon in mittlerem Alter darauf vor, daß sie später keine Treppen mehr werden steigen können und ziehen in altengerechte Wohnungen, geben dafür aber das passende Leben auf, das sie gerade führen. Die Freude am Augenblick ist wichtig. Nur JETZT lebe ich, auch morgen kann ich NUR JETZT leben, denn es gibt gar kein morgen, es gibt nur JETZT. JETZT ist Leben, morgen ist Tod. Das heißt nicht, daß ich nicht planen soll, klar, aber nicht in der Planung leben, sondern in diesem Atemzug und diesem AUGENblick.
Damit man sich vom unbewußten und fremdgesteuerten Handeln frei machen kann muß der Autopilot ausgeschaltet werden, also die Routine - dann mache ich dies, dann mache ich das. Routinen suchen und beenden ist ein wichtiger Schritt. In bestimmten Bereichen, z.B. dem Autofahren, ist Routine wichtig – wobei hier der Begriff der Erfahrung besser trifft. Routine ist das, was von allein abläuft, ohne daß wir uns dessen bewußt wären. Teilweise brauchen wir
sie, sie sollte aber nicht unser Leben bestimmen.
Ein anderes Thema ist die Bequemlichkeit. Unsere gesamte moderne Gesellschaft ist darauf ausgerichtet, uns das Leben leicht und angenehm zu machen, was dazu führt, daß der moderne Mensch langsam verblödet. Daran paßt sich unsere Gesellschaft an, indem sie die Schrift immer weiter vereinfacht, das Niveau der Schulabschlüsse senkt, im Fernsehen auf Hundeklo-Niveau Unterhaltung bietet. So kommt es, daß immer mehr verfettete Bewegungslegasteniker auf dem Sofa Chips fressend über die Tore von hochbezahlten, physisch kaputten Fußballern grölen, selbst aber kaum noch den Gang aufs Klo schaffen.
Ein Krieger dagegen achtet nicht nur auf seinen Körper, auf Bewegung und Nahrung. Er weiß auch, daß sein Weg - trotz des Fokus auf den Augenblick - dazu führt, mit aller Beharrlichkeit (das meinte ursprünglich das Wort Krieg auch) die Schwierigkeiten zu meistern, die sich immer auf einem echten Lebens-Weg zeigen. Damit unterscheidet er sich von den meisten Menschen, die nämlich dann aufhören, wenn das Spaßgefühl des Anfangs nachläßt. Allerdings wird auch die Verständigung mit diesen Phantomen immer unmöglicher, weil man sich in unterschiedlichen Universen befindet.
Vor allem lernt ein Krieger durch Handeln, nicht in erster Linie durch Reden. Denn erst beim Tun zeigt sich, ob etwas Wirklichkeit ist. Wirklichkeit bedeutet nicht, einen richtigen Gedanken oder eine tolle Idee zu haben, es bedeutet, daß etwas wirkt. Wenn meine Gedanken nicht umsetzbar sind ist mein Denken wirklichkeitsfremd. Also ist ein Hauptthema des Kriegers, in Harmonie zu leben, Denken, Fühlen und Handeln in Einklang zu bringen. Im japanischen
Schwertkampf heißt das „Ki-Ken-Tai-Ichi“, das ist die Situation, in der alles stimmt und das Schwert in der richtigen Haltung wie von allein sauber schneidet.
Um frei zu sein löst sich der Krieger nicht nur von der Gesellschaft, sondern auch von „sich“, also der Person, die durch die Gesellschaft aufgebaut wurde. Stimmungen, Gefühlen, Gedanken wird nicht einfach gefolgt oder nachgegeben, da sie sich immer wieder ändern. Man betrachtet sich selbst als ein Abenteuer, von dem man immer wieder überrascht wird, man löst sich von den Vorstellungen darüber, wer man ist und wie man ist, weil sie einen begrenzen und festnageln. Schon Bodhidharma, der Urahn des Zen-Buddhismus, sagte vor anderthalb Jahrtausenden,
er wisse nicht, wer oder was er sei. Auf einer Ebene allerdings wußte er es doch…
Aber er erklärt es den anderen nicht!
Wenn man den eigenen Weg findet und ihn geht, und immer wieder in sich hineinlauscht, dann bekommt man im Laufe der Zeit ein Gefühl dafür, ob etwas stimmt. Man entwickelt so etwas wie einen klaren Kompass, der einem den Weg weist. Das hat nichts mit Esoterik zu tun, das läuft über eben die Harmonie von Denken, Fühlen, Handeln – da
kommt dann auch schnell das Feedback „stimmt“ oder „stimmt nicht“. Dafür braucht man ein tiefes Selbstvertrauen. Dieses tiefe Selbstvertrauen kann entstehen, wenn man erlebt, daß man auch ohne Bestätigungen von außen und ohne Vorstellungen im Inneren nicht in eine bodenlose Leere fällt, sondern stark und frei und klar den Gegebenheiten entsprechend handeln kann. Man ist dann wach, aber ohne Gedanken, wie bei einer kämpferischen Herausforderung.
Ein Krieger schafft sich eine besondere Stimmung, aus der er lebt und handelt. Sie entsteht dadurch, daß er weiß, daß er allein sein Leben in der Hand hat und bestimmt, was von Moment zu Moment daraus wird. Er entwickelt die Macht über sein eigenes Leben, während die meisten Menschen sich immer wieder als Opfer fühlen. Der Krieger ist nie ein
Opfer, selbst wenn jemand anders ihn verletzt – dann sieht er es als seinen eigenen Fehler an, daß das passieren konnte. Deshalb braucht der Krieger niemanden, der ihn tröstet, und das Leben selbst bietet alle Geborgenheit für ihn.nach oben